Systematische Bestandsaufnahme hochschulgebundener Angebote – Einschätzungen von Expertinnen und Experten sowie jungen Berufseinsteigerinnen und -einsteigern zur Situation von Aus- und Weiterbildung in der Veranstaltungswirtschaft – Onlinebefragung
Insgesamt wurden im Rahmen des Projektes 70 Studiengänge an privaten und staatlichen Hochschulen identifiziert, die laut Titel des Angebotes auf eine Ausbildung im Bereich Veranstaltung zielen. 43 dieser Angebote werden von privat verfassten Anbietern unterbreitet, 27 sind staatliche Angebote. Unterschieden nach Bachelor und Master werden 58 Bachelorangebote gemacht. Davon entfallen 38 auf private Hochschulen, 20 auf staatliche. Die Masterangebote sind in der Zahl deutlich geringer. Aus insgesamt 12 Angeboten kann gewählt werden. Fünf von diesen Angeboten werden von privaten Hochschulen angeboten, sieben von staatlichen Hochschulen. Neben den Studiengängen wurden 92 Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten recherchiert. Gefordert wird von Expertinnen und Experten wie von den Teilnehmenden der Onlinebefragung unter anderem ein Internet-Portal für diese Weiterbildungsangebote, das transparente Übersicht verschafft.
Expertinnen und Experten sehen Aus- und Weiterbildung für eine Tätigkeit in der Veranstaltungswirtschaft insgesamt auf einem guten Weg
Nach Einschätzung von Expertinnen und Experten variieren Selbstbild und Fremdbild, wenn es um die Veranstaltungswirtschaft als Branche geht. Innen wisse man gut Bescheid und nehme sich als Branche wahr. Von außen gebe es dieses Verständnis kaum. Anforderungen und Kompetenzprofile werden nach Hard Skills und Soft Skills unterschieden, die in Anspruchsebenen differenziert werden. Intrinsische Fähigkeiten sind von elementarer Bedeutung. „Praxis, Praxis, Praxis“ wird als Erfolgsgarant guter Ausbildung gesehen. Die Aus- und Weiterbildung sehen die Expertinnen und Experten insgesamt auf einem guten Weg. Die eingeführten Ausbildungsberufe werden in den 19 Leitfadeninterviews als sehr gute Basis gesehen. Kritisch wird nach dem Nutzen von einigen Studiengängen oder Weiterbildungsangeboten gefragt, die als eher anbieterorientiert denn als nutzerorientiert aufgefasst werden. Hinsichtlich der Zusammenarbeit von Hochschule und Veranstaltungswirtschaft wird Dialog geschätzt und trotz vorhandener Plattformen weiter, zusätzlich und vertieft eingefordert. Gewarnt wird vor einer Abkoppelung der Angebote von den Erwartungen der Branche. Diese Warnung von Expertinnen und Experten trifft vor allem die Angebote privater Anbieter.
Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger nennen Kommunikationsfähigkeit und Teamfähigkeit als zentrale Voraussetzungen für erfolgreiche Arbeit in der Veranstaltungswirtschaft
In den 20 Leitfadeninterviews mit Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteigern wird ein starkes Branchengefühl deutlich. Mit Blick auf Anforderungen und Kompetenzprofile wird die Praxiserfahrung als besonders hilfreich betont. Kommunikationsfähigkeit und Teamfähigkeit werden als weitere zentrale Voraussetzungen für erfolgreiche Arbeit in der Veranstaltungswirtschaft genannt. Eine herausgehobene Stellung nimmt das Thema Recht ein. Mit Blick auf Trendthemen jenseits der Ausbildung werden die Themen Nachhaltigkeit, Technik und Interkulturelle Kompetenzen deutlich häufiger als andere genannt. Die ehemaligen Auszubildenden bemängeln die Oberflächlichkeit der Ausbildung und bringen eine Spezialisierung der Ausbildungsberufe für bestimmte Teilbereiche der Veranstaltungswirtschaft ins Spiel.
Teilnehmende der Onlinebefragung sehen Inhalte und Aktualität der Curricula von Weiterbildungsangeboten kritisch – Transparente Übersicht fehlt
Im Rahmen einer Onlinebefragung mit 165 Teilnehmenden, die ebenfalls Teil des Projektes war, sind für 80 Prozent der Befragten die Charakteristika einer Dienstleistungsbranche erkennbar, wenn sie auf die Veranstaltungswirtschaft als Ganzes blicken. Den Stellenwert der Veranstaltungswirtschaft, bezogen auf die Gesamtwirtschaft in Deutschland, schätzen dagegen nur gut die Hälfte als ‚eher groß‘ oder ‚groß‘ ein. Mehr als ein Drittel hält den Stellenwert für ‚eher gering‘ oder ‚gering‘. Wenn gefragt wird, ob Veranstaltungsmanager ein klar definierter Beruf ist, antworten 40 Prozent zustimmend, 60 Prozent sind anderer Meinung. Gefragt nach einer allgemeinen Einschätzung zur Qualität des deutschen Angebotes an Aus- und Weiterbnildung für eine Tätigkeit in der Veranstaltungswirtschaft bewerten ein Drittel dieses Angebot als ‚eher schlecht‘ oder ‚schlecht‘, 58 Prozent bewerten das Angebot als ‚eher gut‘ oder ‚gut‘. Bei der Aktualität des Curriculums Veranstaltungskaufmann vergeben fast 30 Prozent die Noten ausreichend oder mangelhaft. Hier besteht aus Sicht von fast einem Drittel der Befragten offenbar ein hoher Nachbesserungsbedarf. Eine qualifizierte Minderheit zwischen 15 und 20 Prozent vergibt für die Studiengänge hinsichtlich Inhalte und Aktualität der Curricula bei Bachelor und Master Noten von ausreichend bis ungenügend. Mehr als die Hälfte vergibt Noten zwischen sehr gut und gut. Nimmt man die Note befriedigend hinzu, kann man feststellen, dass über 80 Prozent der hier Befragten die Studienangebote an Hochschulen und Universitäten ‚sehr gut‘, ‚gut‘ oder ‚befriedigend bewerten‘. Am schlechtesten schneiden im Vergleich der allgemeinen Bewertung die Inhalte und die Aktualität der Curricula von Weiterbildungsangeboten ab. Ihre Durchschnittsnoten liegen bei 3 (Inhalte) und 2,9 (Aktualität). Knapp 30 Prozent der Befragten vergibt für die Weiterbildung Noten von ‚ausreichend‘ bis ‚mangelhaft‘. Um die 70 Prozent bewerten Inhalte und Aktualität der Curricula im Weiterbildungsbereich mit ‚sehr gut‘ bis ‚befriedigend‘.
Veranstaltungsrecht und Qualitätsmanagement sind aus Sicht der Befragten wichtige Trendthemen für Aus- und Weiterbildung
Bei der Einschätzung der Wichtigkeit von Weiterbildungsthemen belegen Veranstaltungsrecht und Qualitätsmanagement die beiden ersten Plätze und zeigen die offenbar hohe Bedeutung, die das Panel der Onlinebefragung diesen Themen zumessen. IT-Services, Evaluation und Green Meetings als Veranstaltungsformat sind Themen, die im Vergleich als besonders wenig wichtig eingeschätzt werden. Aus den ausgewählten Trendthemen werden Qualitätsmanagement, Veranstaltungsrecht und Kreativität am wichtigsten für die Ausbildung eingeschätzt. Internationale Systematisierungsversuche zur Ausbildung sind kaum bekannt, werden bei Vorlage und Erläuterung aber als hilfreich erlebt und könnten deshalb Anknüpfungspunkte für deutsche Diskussionen sein. Mit Blick auf die Zusammenarbeit von Hochschule und Veranstaltungswirtschaft werden auch in der Onlinebefragung mehr Plattformen für Dialog und Austausch gewünscht. Der komplette Projektbericht ist hier erhältlich: http://www.springer.com/de/book/9783658169664
Detaillierte Informationen zum Forschungsprojekt:
Das Forschungsprojekt „Die Veranstaltungswirtschaft und ihr Personal“ wurde als Forschungs- und Entwicklungsprojekt der Hochschule Hannover in Kooperation mit dem Ausstellungs- und Messeausschuss der deutschen Wirtschaft e.V. (AUMA) durchgeführt. In sechs Teilprojekten grenzt es zunächst (1) den Markt der Veranstaltungswirtschaft ab und beschreibt die Akteure der Veranstaltungswirtschaft. Das Projekt systematisiert (2) das bundesdeutsche Angebot an Ausbildung und Weiterbildung für die Veranstaltungswirtschaft, benennt auch hier die Akteure und systematisiert ihre Angebote. Im Rahmen einer (3) Onlinebefragung (in Kooperation mit zahlreichen Branchenverbänden) und (4) Experteninterviews mit Akteuren der Veranstaltungswirtschaft liefert das Projekt Erkenntnisse dazu, welche Strukturen die Personalnachfrage kennzeichnen. Ergänzend wurden (5) Absolventen von Ausbildungs-, Weiterbildungs- und Qualifizierungsangeboten im Rahmen von Leitfadeninterviews dazu befragt, welche Erfahrungen sie hinsichtlich ihres Qualifikationsprofils bei ihrem Berufseinstieg gesammelt haben. Zwei (6) Fallstudien beleuchten die Situation in Kanada und Österreich kontrastierend zur bundesdeutschen.
Zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Forschungsprojektes, das vom 1.9.2014 bis zum 30.6.2016 durchgeführt wurde, gehörten Kerstin Bolm, Daniela Spott de Barrera sowie die studentischen Hilfskräfte Mirjam-Sina Franke und David Lampe. Die Leitung lag bei Prof. Dr. Gernot Gehrke.
Die Zusammenarbeit zwischen dem Studiengang Veranstaltungsmanagement der Hochschule Hannover und dem AUMA e.V. wird unterdessen im Rahmen eines weiteren Forschungsprojektes fortgesetzt. Das Projekt „Trendreport 2018: Aus- und Weiterbildung für Messe, Event und Kongress“ wird im Rahmen eines anspruchsvollen Mehrmethodendesigns als Verbindung von (1) Online-Befragung und (2) Gruppendiskussion / Round Table Gesprächen mit Expertinnen und Experten sowie mit dem (3) Aufbau eines Delphi-Panels die Daten aus dem früheren Projekt „Die Veranstaltungswirtschaft und ihr Personal“ aktualisieren und für den speziellen Bereich Messe, Event und Kongress vertiefen.
Kontakt
Prof. Dr. Gernot Gehrke
Expo Plaza 12
30539 Hannover
Tel.: +49 511 9296-2684
E-Mail: gernot.gehrke@hs-hannover.de